Fränkischer Tag, Dezember 1998



"SOS" ein Bamberger Kult feiert 20jähriges

Die "Schweinsohr Selection" gehört seit 1978 zum festen Bestandteil des Bamberger Kulturlebens - Jubiläumskonzert mit Ehemaligen am Samstag
 

Seit 20 Jahren skandieren Gruppen von Bambergern in regelmäßigen Abständen „SOS“ -allerdings handelt es sich dann nicht um Hilfeschreie, sondern um Anfeuerungsrufe. Seit 1978 macht im Fränkischen eine Band die Bühnen unsicher, die mit ihren schon fast sagenumwobenen Live-Konzerten bei ihren Fans regelmäßig Soul-Funk-Begeisterungsstürme hervorruft: die „Schweinsohr Selection“, kurz „SOS“ genannt.

Für Bamberger ist die Formation längst ein fester Begriff. Seit Jahren ist es Tradition für die „Schweinsohren“, am Donnerstag vor Fasching im „Pelikan“ aufzuspielen; zweimal im Jahr gibt es ein Konzert im Jazzkeller (das nächste am 19. Dezember); einmal jährlich stehen sie auf der Bühne des „Live-Clubs“; sie bringen Drive ins sommerliche Altenburgfest; und unvergessen sind die „SOS“-Auftritte beim legendären „ Schwof im Dominikanerhof“, als der noch fester Bestandteil der Sandkerwa war.

Die Besetzung hat seit 1978 variiert: Immer wieder brachen Mitglieder, meist aus beruflichen Gründen, ihre „Schweinsohr“-Karriere ab. Das muß kein Nachteil sein - durch das Einwechseln junger Musiker blieb die Gruppe immer auf „frischem“ Niveau. Soul-Funk, überlagert von Fusion - so könnte man die musikalische Richtung eingrenzen. Derzeit spielt die Band hauptsächlich Coverversionen und Eigenkompositionen ihrer Sängerin Irmgard Klarmann - einem „Kompositionsprofi“, der im Musikgeschäft fest im Sattel sitzt. Sie hat schon Stücke für Größen wie Chaka Khan, Jennifer Rush oder Janet Jackson geschrieben, und auch die Melodie der Olympiade in Seoul stammt aus ihrer Feder.

Klarmann und ihr Co-Vokalist Uwe Gaasch stehen bei der Band nicht nur optisch, sondern auch akustisch im Vordergrund. Doch trotz der straffen Arrangements besteht für die einzelnen Musiker Freiraum, sich solistisch zu profilieren - auch das macht die Anziehung der eingängigen Melodien, der „Schweineohrwürmer“, aus.
Einer, der von Anfang an dabei ist, ist Schlagzeuger Waldi Bauer. Mit seinem Freund und langjährigen Bandkollegen Engelbert Platz, der 1996 die Gruppe verließ, hat er 1978 die „Schweinsohr Selection“ ins Leben gerufen. Waldi Bauer ist Koordinator, Organisator und PR-Mann in einer Person. Bei seinem beruflichen Hintergrund keineswegs selbstverständlich: Er ist Privatdozent für Chemie an der Uni Erlangen. Ein Uniprofessor an den Drums einer Soul-Band? Bauer liebt sein Hobby, aber Berufsmusiker möchte er trotzdem nicht sein: „Das Herumtouren ist Knochenarbeit. Das muß man lieben - für mich wär' das nichts.“ Außer Bauer gibt es mit Uwe Gaasch nur noch einen, der kein hauptberuflicher Musiker ist. Gaasch arbeitet als Fotograf, ist aber auch Leadsänger bei der lokal bekannten Band „Revolver“. Besonders der „Nachwuchs“ der „Schweinsohren“ rekrutiert sich oft aus Schülern der Konservatorien in Würzburg und Nürnberg.

Gemeinsame Termine für Proben und Konzerte zu finden, ist für eine so große Gruppe nicht einfach. Viele Proben sind allerdings nicht nötig. Bauer: „Wir spielen vielleicht acht-oder zehnmal im Jahr zusammen.“ Die Mitglieder erhalten neue Arrangements auf Noten oder Tonband und üben die Stücke erst allein; bei einer Gesamtprobe wird das Ganze dann im Team eingearbeitet. Vier bis fünf neue Stücke kommen so pro Jahr da zu, nicht selten werden Publikumsvorschläge oder -wünsche aufgegriffen.

Beim Blick auf den Riesenerfolg, den die „Schweinsohr Selection“ seit zwei Dekaden bei ihren Live-Auftritten hat, verwundert nur, daß es in den Plattenläden erst einen „SOS“-Tonträger gibt. „Alles eine Frage der möglichen Finanzierung“, gibt Bauer zu bedenken. Aber dieser Umstand soll sich bald ändern: Beim Konzert im Jazzkeller am kommenden Samstag wird mitgeschnitten - im Herbst 1999 soll (endlich!) die dazugehörige Live-CD erscheinen. Nähere Infos dazu und zur Band gibt es übrigens auch im Internet - unter http://www organik.uni-erlangen.delbauer/SOS.html sind Tourdaten und Kontaktadressen abrufbar.

Schon Legende ist die Geschichte um die Entstehung des ungewöhnlichen Namens. Er ist kreiert worden als eine kleine Gruppe von Musikern aus Leidenschaft bei einer Tasse Kaffee mit einem typisch Bamberger Gebäckstück auf dem Teller über einer geeigneten Bandnamen grübelte.

Beim großen „20 years of Schweinsohr-Selection“-Jubiläumskonzert an kommenden Samstag im Jazzkeller, Obere Sandstraße 18, wollen sich ehemalige „SOS“-Mitglieder zu einer Jan Session einfinden - so haben laut Waldi Bauer beispielsweise Hilmar Müller, Ernst Kroker und Gerda Windt ihr Kommen zugesagt. Eine Wiedervereinigung der besonderen Art. Oder, um mit dem eingebürgerten kryptischen „SOS“-Kultspruch zu kontern: „dermaßen, zwaa Seidla! yeah!“
 

Cornelia Daig-Kastura


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